Ärztliche Kollegen geben Intensivmedizin Bestnoten

Wenn es um eine hohe Behandlungsqualität im Krankenhaus geht, zählt neben dem internen Qualitätsmanagement auch der geschulte Blick von außen. Denn häufig sind es Ärzte und Pflegefachkräfte aus anderen Einrichtungen, die ihren Kollegen wertvolle Hinweise und Unterstützung bei der Vermeidung von Fehlern, dem Erschließen von Hilfsmitteln und der Qualifikation von Personal auf der Intensivstation geben können. Als erste Häuser des Elisabeth Vinzenz Verbundes haben sich das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale) in seiner Klinik für Anästhesie, Intensiv-, Palliativ-, Schmerz- und Notfallmedizin und das St. Bernward Krankenhaus in Hildesheim einem anspruchsvollen Überprüfungsverfahren durch Experten aus anderen renommierten Einrichtungen gestellt. Das Ergebnis zeigt, dass sich die konsequenten Bemühungen um moderne Standards und Patientensicherheit auszahlen.

In der Medizin wird die kollegiale Analyse medizinischer Sachverhalte und Behandlungsstandards auch als „Peer Review“ bezeichnet. Diese systematische Überprüfung und Beratung einer Klinik durch Fachkollegen umfasst sowohl den intensiven Austausch auf Augenhöhe als auch das Offenlegen von möglichem Verbesserungspotenzial. Bei dem auf Freiwilligkeit beruhenden Verfahren werden Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit und Kollegialität erhoben und bewertet. Umgesetzt wird die kritische Überprüfung der Standards von einem sogenannten Peer-Review-Team.

Dieses ist interdisziplinär und multiprofessionell zusammengesetzt und umfasst mindestens zwei ärztliche und einen pflegerischen Mitarbeiter als sogenannte „Peers“. Als Peers gelten erfahrene Intensivmediziner und Fachpflegekräfte, die andere Einrichtungen bewerten und beraten möchten, zugleich aber auch die Bewertung der eigenen Klinik anstreben. Durch das Prinzip der Gegenseitigkeit lernen die Beteiligten beide Seiten des Reviews, also der kritischen Überprüfung der Standards bei einem Ortstermin, kennen. Um die Rolle des bewertenden Partners in der Intensivmedizin einnehmen zu können, müssen die künftigen Peers strengen Auswahlkriterien genügen. Vorausgesetzt werden die langjährige klinische Tätigkeit als Facharzt mit der Zusatzbezeichnung „Intensivmedizin“ in verantwortlicher Position auf einer Intensiveinheit oder - auf der pflegerischen Seite - die langjährige klinische Tätigkeit als Fachpflegekraft für Intensivmedizin. Festgefügte Standards der Landesärztekammern stellen sicher, dass die wechselseitige kollegiale Beratung eine einrichtungsübergreifende Aussagekraft besitzt.

Der Ablauf des Verfahrens folgt einem Zwei-Schritte-Verfahren. Zunächst gibt die Einrichtung, die sich freiwillig einer Peer-Review-Bewertung unterziehen möchte, eine Selbsteinschätzung mittels eines standartisierten Fragebogens ab. Die Fremdbewertung erfolgt wenig später vor Ort in der zu bewertenden Klinik. Voraussetzung ist eine kollegiale und vertrauensvolle Atmosphäre – ebenso wie die Bereitschaft zur kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Leistung und Ausstattung. Nach einer Vorstellungsrunde werden die Qualitätsanforderungen anhand eines 52-Punkte-Katalogs abgeprüft und die Behandlungsräume bzw. die Station gemeinsam begangen. Der Tag endet mit einem kollegialen Dialog.

Die Intensivmedizin des Krankenhauses St. Elisabeth und St. Barbara ist die erste Einrichtung in Sachsen-Anhalt, die sich einem freiwilligen Peer Review unterzogen hat. Dr. med. Walter Asperger, Ärztlicher Direktor des katholischen Krankenhauses, hat das Verfahren auf der Ebene des Trägerverbundes mit angeregt und dessen Umsetzung in Halle vorgeschlagen. „Mit dem Peer Review sind wir einen neuen Schritt im Bereich der vergleichenden Qualitätssicherung gegangen. Die Bewertung aus der Praxis für die Praxis zeigt Stärken der eigenen Einrichtung objektiv auf und legt mögliche Defizite offen“, so Dr. Asperger. Als prüfende Peers waren Ärzte aus der Helios Klinik in Köthen und dem Universitätsklinikum Göttingen, pflegerische

 

Peers von der Medizinischen Hochschule Hannover sowie eine ärztliche Kollegin der Ärztekammer Sachsen-Anhalt zu Gast in Halle.

Mit dem Ergebnis können die Intensivmediziner zufrieden sein. Als durchgehend gut strukturiert und patientenorientiert wird die Klinik von den externen Fachkollegen bewertet. Neben einem ausgereiften Hygiene- und Antibiotikamanagement und einem überlegten Personaleinsatz punktet der Fachbereich mit einem verlässlichen Melde- und Rückmeldesystem und einer ansprechenden Ausgestaltung der Räume. Dr. med. Hendrik Liedtke, Chefarzt der Klinik, hat die Rolle des Vorreiters in Sachsen-Anhalt gerne angenommen. „Wir sind einigermaßen stolz darauf, dazu beizutragen, dass die Zeit der potemkinschen Dörfer zu Ende ist“, so Liedtke. Das Peer Review trage entscheidend zur Transparenz bei, die letztendlich dem Patienten die nötige Sicherheit bei der Wahl der geeigneten Klinik gibt. Besonders freut den Chefarzt, dass neben den eigentlichen Qualitätsindikatoren auch der respektvolle Umgang mit den Patienten und die Gesprächskultur ausdrücklich gelobt wurden. Asperger und Liedtke sind sich darüber einig, dass die erfolgreichen Peer Reviews in Halle und Hildesheim schon bald zum Modell für weitere Häuser des Verbundes werden könnten.