Es muss nicht immer ein Kaiserschnitt sein

Elisa scheint an diesem Morgen nichts zu stören. Völlig entspannt lässt sie sich von Hebamme Franziska Hiller ausziehen und wiegen. Katharina Mink und Sven Martin blicken stolz auf ihre gut einen Monat alte Tochter – der Stress und die Sorgen, die sie während der Schwangerschaft begleitet haben, sind den jungen Eltern nicht mehr anzusehen.

Als Elisa im Mai im Hildesheimer St. Bernward Krankenhaus (BK) das Licht der Welt erblickte, lag sie andersherum im Bauch ihrer Mutter. „Als wir erfahren haben, dass Elisa in der Beckenendlage liegt, dachten wir sofort, dass ein Kaiserschnitt unumgänglich wäre“, erinnert sich Katharina Mink. „Auch bei unseren Recherchen im Internet und bei unseren Freunden und Bekannten sind wir häufig auf diese Meinung gestoßen.“ Doch diese weit verbreitete Annahme stimme in vielen Fällen nicht, weiß Franziska Hiller. „Knapp fünf Prozent aller Säuglinge kommen aus Beckenendlage zur Welt.“ Bei etwa einem Viertel dieser Geburten erfolge ein Kaiserschnitt, der in rund 70 Prozent der Fälle aber gar nicht notwendig sei, stellt die Hebamme fest. So wie bei Elisa: Abgesehen von der Lage verlief ihre Geburt völlig unkompliziert. „Wir mussten überhaupt nicht eingreifen“, erinnert sich Franziska Hiller.

Die Kaiserschnittrate hat in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen. Dies habe verschiedene Gründe, erklärt Dr. Susanne Peschel, Chefärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe am St. Bernward Krankenhaus. „Zum Beispiel bekommen immer mehr Frauen, die älter als 35 Jahre sind, Kinder, dadurch steigt die Zahl der Risikogeburten.“ Viele dieser Geburten werden im Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe (Level 1) am St. Bernward Krankenhaus betreut. „Wenn jedoch kein erhöhtes Risiko für Mutter und Kind besteht, plädieren wir ganz deutlich für die normale Geburt“, betont Dr. Peschel. Vor diesem Hintergrund habe das BK einen Expertinnenstandard zur Förderung der Physiologischen Geburt eingeführt. Das Ziel: Schwangere Frauen sollen durch Unterstützungs- und Beratungsangebote dazu ermutigt werden, auf natürlichem Wege zu gebären. Um dies zu erreichen, gibt es neben Schulungen für Hebammen auch zahlreiche Beratungsangebote für werdende Eltern, zum Beispiel die Hebammensprechstunde. „Eine ausführliche und individuelle Beratung werdender Eltern ist immer wichtig, vor allem aber in besonderen Situationen wie der Beckenendlage“, erklärt Dr. Peschel.
Auch Katharina Mink und Sven Martin nahmen die Hebammensprechstunde am BK in Anspruch. Dort erfuhren sie, dass nach einer intensiven Untersuchung und Vermessung des Fötus eine natürliche Geburt auch aus einer Beckenendlage möglich ist, „Die gute Beratung und durchgehende Betreuung hat uns sehr viel Vertrauen gegeben“, sagt der stolze Vater. Natürlich könne einem niemanden die Entscheidung ‚Natürliche Geburt oder Kaiserschnitt‘ abnehmen, ergänzt Katharina Mink. „Aber die Erfahrung der Hebammen und auch die ausführlichen Untersuchungen konnten uns viele Ängste nehmen.“ Trotz aller Zweifel während der Schwangerschaft ist die junge Mutter heute stolz, ihr Kind auf natürlichem Wege zur Welt gebracht zu haben. „Natürlich wäre ich kein Risiko eingegangen – wäre es nötig gewesen, hätte ich einen Kaiserschnitt gemacht. Aber ich bin froh, dass ich heute sagen kann: ‚Ich habe es allein und auf natürlichem Weg geschafft‘“.

Genau dieses Gefühl der Stärke solle den Frauen vermittelt werden, freut sich Dr. Peschel. Es sei gut, sich auf die Natürlichkeit des Geburtsverlaufs zurückzubesinnen. „Wir möchten den Frauen das Selbstbewusstsein geben, dass sie ihrem eigenen Körper vertrauen können.“