Himmelssäule für Sternenkinder in der Kapelle

„Obwohl jede fünfte Frau von einer Fehlgeburt betroffen ist, ist es immer noch ein gesellschaftliches Tabu. Die Betroffenen stehen oft mit der Situation und der Trauer über den Verlust allein da. Hier möchten wir als christliches Haus ansetzen und die Eltern in dieser Zeit begleiten und ihnen Möglichkeiten zum Trauern anbieten“, sagt Annemarie Nyqvist, Krankenhausseelsorgerin am St. Adolf-Stift.

 

Wenn eine befruchtete Eizelle oder ein Fötus nicht lebensfähig ist und es zu einer Fehlgeburt kommt, ist manchmal ein operativer Eingriff in einer Klinik nötig, damit Gewebereste in der Gebärmutter nicht zu einer Infektionsgefahr für die Mutter werden. Seit vielen Jahren werden die so genannten „Sternenkinder“, also Föten, die vor der 22. Schwangerschaftswoche verstorben sind, vom St. Adolf-Stift gemeinschaftlich bestattet. Dafür gibt es auf dem Reinbeker Friedhof einen eigenen Bereich, der vom Krankenhaus finanziert wird. Es gibt drei solcher Gemeinschaftsbestattungen pro Jahr. Jedem Termin wird ein Symbol zugewiesen, so dass die Eltern den jeweiligen Gedenkstein mit diesem Motiv wiederfinden können, wenn sie Wochen oder auch Jahre später danach suchen. 

 

Die Sternenkinder-Bestattungen haben ein christliches Fundament, werden aber möglichst offen gestaltet – was den vielen nicht-religiösen als auch nicht-christlichen Eltern Rechnung trägt. Auf Wunsch erhalten die Eltern per Post eine Einladung zur nächsten Beisetzung. Der nächste Termin ist am 6. Juni 2023 um 14.30 Uhr auf dem Friedhof Reinbek. Annemarie Nyqvist: „Es ist die Möglichkeit, sich mit dem Kind ein letztes Mal auf den Weg zu machen. Es zu Grabe zu betten und Abschied zu nehmen. Das Grabfeld der Sternenkinder suchen Eltern auch später immer wieder auf, um ihren Kindern nahe zu sein. Sie legen Kerzen, Blumen und Engelsfiguren ab.

 

Frauen, die mit einer Fehlgeburt in das St. Adolf-Stift kommen, wird ein Gespräch mit der Seelsorge angeboten. Nyqvist: „Viele lehnen dies zunächst ab. Manchmal, weil der notwendige medizinische Eingriff unter Schock wahrgenommen wird. Manchmal, weil weder die Seele noch der Kopf begreifen, dass sie etwas verloren haben. Andere benötigen am Tag selbst einen Gesprächspartner, der nicht mit in ihrer Trauer versinkt und dennoch die Traurigkeit auszuhalten wagt. Manche kommen erst Monate oder sogar Jahre später zu mir, weil sie nicht wissen wohin mit all den Gefühlen, von Schuld, Scham, Verzweiflung, Angst, Sorge und Ungewissheit. Und weil vielleicht der Partner ganz anders mit diesen Gefühlen umgeht, sie sich einsam und leer fühlen und nicht wissen, mit wem sie darüber reden sollen.“

 

Es gibt aber auch Eltern, die erst viele Jahre später ein Bedürfnis nach einem Gedenkort spüren. Für diese und auch alle Mütter und Väter, die in den nächsten Jahren ein ungeborenes Leben verlieren, hat das St. Adolf-Stift in der Krankenhauskapelle eine „Himmelssäule“ aufgestellt. Hier können die Eltern, Geschwister, Großeltern zum Gedenken an ihre verstorbenen Kinder einen Gedenkstern anbringen. Annemarie Nyqvist: „Wir möchten der Trauer einen Raum geben. Die Betroffenen können einen kleinen Rohling von der Wand nehmen, den sie zuhause individuell gestalten und dann aufhängen können. Und wir laden alle Eltern von Sternenkindern am 10. Dezember 2023 um 15.00 Uhr anlässlich des weltweiten Gedenkens ein, gemeinsam an die verstorbenen Kinder in der Kapelle zu erinnern.“